Vor kurzem, am 16. August 2010, fand in Siena (Region Toskana, Italien) planmäßig das Wettrennen Palio statt. Traditioneller, aus dem Mittelalter stammender Palio ist heute das älteste und beliebteste Pferdewettrennen Italiens und der Welt und wird in Siena zwei Mal im Jahr organisiert: Anfang Juli und Mitte August. Siena ist nicht der einzige toskanische Ort, wo ähnliche Pferderennen gefeiert werden, aber Palio hat keine Konkurrenz.
Palio ist Kultereignis im Leben von Siena und von Toskana. Der Gewinner des Pferderennens wird als Held des Jahres verehrt, seinen Namen wird für immer und ewig in die Annalen von Siena eingetragen. Den ehrenvollen Umgang bekommt auch das Pferd, das den Jockey zum Sieger machte.
Die Bedeutung des Festes Palio ist nicht zu unterschätzen. Die Sienairaner teilen das Leben ihrer Stadt in drei Etappen: vor dem Rennen, während und nach dem Rennen. Zum berühmtesten Pferderennen Palio kommen nach Siena jährlich Tausende von Schaulustigen aus der ganzen Welt. Allerdings droht der populärsten Veranstaltung Schließung. Unerwartet kam die Nachricht. Wie paradox es ist, gehört die Idee des Verbotes des Palio der Tourismusministerin Italiens Frau Michela Vittoria Brambilla.
Während der Pressekonferenz in Palazzo Chigi hat die Ministerin der Palio mit dem spanischen Stierkampf verglichen und stellte als Beispiel Katalonien vor, wo die traditionelle Unterhaltung auf Grund des brutalen Umganges mit den Tieren verboten wurde. Diese Erklärung von Frau Brambilla sorgte für Empörung und eine prompte Reaktion des Bürgermeisters von Siena, des Herrn Maurizio Cenni.
Seiner Meinung nach ist derartiger Vergleich der zwei völlig unterschiedlichen Veranstaltungen wie Stierkampf und Pferderennen nicht gerecht. Er weißt darauf hin, dass gerade Palio die Lokomotive für die weitere Entwicklung des Tourismus in der Region sei, und dass sich die für den intakten Touristenverkehr verantwortlichen Personen lieber für Erhaltung des Palio einsetzen sollen als für sein Verbot. Für den Bürgermeister gleicht solche Äußerung der Schande für das Land und er bot Frau Brambilla, Siena zu besuchen, um die Schutzmaßnahmen für die Pferde, die Regel des Wettrennens und die genaueren Informationen aus den Protokollen der Auswahlprozedur, Haltungsbedingungen, des Ausmaßes der physischen Einwirkung auf die Pferde vor Ort zu beurteilen.
Vielleicht kann man dem Bürgermeister Cenni Recht geben, dass das Pferdewettrennen und der blutige Stierkampf nicht mit einander zu vergleichen sind. Jedoch hat auch die Ministerin für ihre Erklärung einen Grund, nämlich die Verwendung der Peitsche: Während des Rennen dürfen die Jockeys ihre Peitsche nicht nur zum Anreizen des Pferdes benutzen, sondern auch um den Konkurrenten zu stören. Dabei können sowohl die Pferde als auch die Jockeys ernst verletzt werden. Und hier hört der Spaß auf.
Der Kampf zwischen der Sorge um die Tiere und den kommerziellen Nutzen des Palio ist noch unentschieden: Gegen die sportliche Leidenschaft prallt die Leidenschaft des ideologischen Widerstandes.
Datum: 26.08.2010
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