Va`e torna vincitore – gehe und kehre als Sieger zurück. Das sind vielleicht die warmherzigsten Worte, die ein Reiter am Palio in Siena zu hören bekommt. Die Reiter des spektakulären Pferderennens tragen die Attribute eines Krieger. Macht, Intrige und nur der Sieg ist das Ziel – kennzeichnen die Stimmung auf dem muschelförmigen Platz Il Campo in Siena. Ruhm und Ehre gebührt nur dem, der es versteht sein Pferd so zu führen, dass es nach 90 Sekunden als Erster das Ziel erreicht. Ob er als Reiter dabei noch im Sattel sitzt, wird am Ende keine Rolle spielen. Es stellt sich am Ende als die Frage; Wer verdient wirklich die Anerkennung und den Respekt für seine Leistung. Und man staune, sollte im Fall der Fälle tatsächlich das Pferd und nicht der Reiter über den Sieg entschieden haben, gehört ihm ein Ehrenplatz an der Festtagstafel.
Doch das Il Palio oder auch Palio de Siena oder Corsa del Palio genannt beginnt im Grund genommen weit vor dem eigentlichen Rennen. Wer in den Monaten Juni, Juli oder August mit einer Ferienwohnung oder in einem Hotel in Siena einen reizenden Urlaub in der Toskana genießt, könnte die Stimmung in den einzelnen Contrada (Stadtteilen) einfangen. Die Nichtteilnehmer des letzten Palio stehen in der Regel als zukünftige Teilnehmer fest. Siena besitzt 17 Contrada, die wie Rivalen gegeneinander antreten. Doch nur 10 Contrada nehmen an jeweils einem Palio teil. Sieben Palio stehen also für die Teilnahme fest und drei müssen ausgelost werden. Danach beginnen die Schmach, die Schande und die Beschimpfungen auf den jeweilig konkurrierenden Stadtteil. Bündnisse werden geschmiedet, Bestechungsgelder fließen, die zuvor 10 ausgelosten und den Contrada zugeordneten Pferde sowie Reiter könnten ohne Wache gedopt, entführt oder gemartert werden. Der Fantasie wie und weshalb die Konkurrenz vielleicht nicht einmal antreten kann und man sich dadurch selbst Vorteile verschafft, sind keine Grenzen gesetzt. Das Herz des Il Palio schlägt nun bald 700 Jahre und findet spätestens seit 1656 ausschließlich auf dem Il Campo statt. Dieses außergewöhnliche Event ist der Madonna bzw. der Maria gewidmet und findet jeweils am 02. Juli und am 16. August statt. Urlauber, die sich an diesen Tagen eine Ferienwohnung mitten in Siena gemietet haben, werden diesem Trubel kaum entgehen können. Nach der Segnung der Tiere und des Reiters und den Festumzügen durch die jeweiligen Contrade samt Festwagen, Trommlern und Fahnenschwenkern versammelt man sich auf dem Il Campo in Siena. Nur ein Seil markiert die Startlinie auf dem mit sandaufgeschütteten Bahnen. Nach dem Start gibt es nur eine Regel: Greife nicht in die Zügel des Gegners und erreiche dennoch das Ziel. Alles andere ist ohne Sattel und ohne Gewissen erlaubt. Mehrfach kam es bei dem 90-Sekunden-Rennen schon Stürze von Reiter und Pferd. Doch wie beschrieben, entscheidet nicht der Reiter sondern das Pferd über den Siegeszug der Contrada.
Diese uralte Tradition sowie die gesamte Aufregung um das nicht preisdotierte Rennen kann man jedes Jahr auch über die italienischen Medien mitverfolgen. Die Siegesfeiern der nun ruhmreichen Contrada können übrigens mehrere Wochen andauern.
Katja Elflein
Foto: De Agostini Picture Library
Datum: 25.02.2010
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